Friulanisch

Friulanisch (auch Friaulisch oder Furlanisch) wird in der historischen Kulturlandschaft Friaul an der Grenze zu Österreich und Slowenien gesprochen. Es hat sich um das Jahr 1000 aus dem in der Gegend um Aquileia gesprochenen Vulgärlatein entwickelt und bewahrt z.B. im Plural den Auslaut auf –s, vgl. z. B. cjan (Sg.) ‚Hund‘ vs. cjans (Pl.) ‚Hunde‘ (Italienisch: cane vs. cani) sowie Konsonantenverbindungen wie cl, gl, bl, pl, fl; siehe beispielsweise clâf  ‚Schlüssel‘ (Latein: clavem; Italienisch: chiave). Innerhalb der Sprache lassen sich drei große Gruppen unterscheiden: westliches Friulanisch (friulano occidentale), zentral-östliches Friulanisch (friulano centro-orientale), und im Norden, in Karnien, karnisches Friulanisch.  

In der Grenzregion Friaul sind die Sprecherinnen und Sprecher kontinuierlich mit anderen Sprachen und Varietäten in Berührung gekommen. Auf dem Gebiet der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien sind neben Friulanisch weitere historische Minderheitensprachen anzutreffen: im Norden, in Sprachinseln wie z.B. Zahre/Sauris oder Pladen/Sappada, Dialekte, die auf eine mittelalterliche Mundart des Südbairischen zurückgehen, im Osten dagegen, in den Provinzen Triest, Görz und Udine, slowenische Varietäten.

Seit 2001 gibt es eine Regionalagentur für Friulanisch, die Agjenzie Regjonâl pe lenghe furlane (ARLeF), die die regional anerkannte Amtssprache fördert und Aktivitäten zu ihrem Schutz koordiniert. Laut einer von der ARLeF gemeinsam mit der Universität Udine im Jahr 2015 veröffentlichten Studie gibt es in Friaul-Julisch Venetien ca. 600.000 Sprecher und Sprecherinnen des Friulanischen; es wird dort in 173 Gemeinden gesprochen, zusätzlich in 7 Gemeinden in Venetien (Stand: 2015). Außerdem sind viele Sprecher ausgewandert und leben nun vor allem in Australien, Nord- und Südamerika oder in Südafrika.  

Das Friulanische hat auch eine lange Tradition als Schriftsprache. Die ältesten literarischen Texte stammen aus dem 14. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert schuf der Dichter Ermes di Colloredo (1622-1692) einen Standard, der auf dem zentral-östlichen Friulanisch (friulano centro-orientale) aufbaut und in der Folgezeit von vielen Schriftstellern als Literatursprache verwendet wurde. Auch die seit 1996 bestehende offizielle Orthographienorm beruht auf dieser Koiné. 

ISO-Code 639-2: fur 

Zur Vertiefung

  • Turello, Davide (2007): Sprachplanung des Friaulischen: eine Untersuchung der Standardisierungsprozesse. Bamberg: Otto-Friedrich-Universität.
  • Benincà, Paola & Laura Vanelli (2016): Friulian. In Adam Ledgeway & Martin Maiden (Hrsg.): The Oxford Guide to the Romance Languages, Oxford: University Press, S. 139-153. 
  • Frau, Giovanni (1984): I dialetti del Friuli. Udine: Società Filologica Friulano. 
  • Heinemann, Sabine & Luca Melchior (Hrsg.) (2015): Manuale di linguistica friulana (=Manuals of Romance Linguistics 3). Berlin: de Gruyter. 
  • Marcato, Carla (2001): Friuli Venezia Giulia (=Alberto A. Sobrero [Hrsg.]: Profili linguistici delle regioni). Bari: Laterza. 
  • Rizzolatti, Piera (1981): Elementi di linguistica friulana. Udine: Società Filologica Friulano. 

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