Trentinisch

Der im Trentino gesprochene Dialekt ist romanischen Ursprungs. Seine Varietäten gehören zur venetischen Dialektgruppe im Osten der Provinz und zur lombardischen Dialektgruppe im Westen. Dazwischen gibt es Mischformen. Das untere Etschtal ist ein Übergangsgebiet zwischen Zentraltrentinisch und Veronesisch.

Typische lombardische Merkmale sind der Wegfall auslautender Segmente mit Ausnahme von a (zum Beispiel òs statt osso ‚Knochen‘), das Vorkommen von Vokalen, die den deutschen Vokalen ö und ü ähnlich sind (zum Beispiel lüna statt luna ‚Mond‘), sowie die Palatalisierung im Plural der Substantive und Adjektive auf -t.

Venetische Merkmale sind der Erhalt von unbetonten Endsilben (oso für osso) und das Fehlen der oben erwähnten Vokale ö und ü. Im Nonstal, Val di Sole, oberen Ledrotal und Rendenatal finden sich alpine bzw. semi-ladinische Merkmale wie die Palatalisierung des lateinischen ca und ga (ciasa für casa ‚Haus‘).

Auch im Bereich der Syntax gibt es bemerkenswerte Unterschiede zwischen dem Italienischen und den Trentiner Dialekten. Um zum Beispiel zu sagen, dass es geschneit hat, sagt man auf Italienisch ha/è nevicato. Im Trentino (wie auch in einigen venetischen Dialekten) muss man jedoch das Pronomen el bzw. l‘ (Expletiv oder unpersönliches Subjekt) hinzufügen, um einen grammatikalischen Satz zu bilden, wie in den beiden Beispielen zu hören  ist.
 

L’a fiocà (Lavis, S0136_tre_U0409, Rabanus et al. 2022)

 

L’a nevegà (Trento, S0136_tre_U0451, Rabanus et al. 2022) 

 

Die Verwendung dieses Expletivs mit den sog. „Wetterverben“ ist in Sprachen wie dem Englischen (it has snowed), dem Standarddeutschen (es hat geschneit) und auch in den lokalen germanischen Varietäten wie dem Zimbrischen (z hatt gesnibet; S0136_cim_U0620, Rabanus et al. 2022) geläufig. Aufgrund dieser Ahnlichkeit wird manchmal angenommen, dass der Sprachkontakt mit dem Deutschen eine Rolle für den Erhalt des Expletivs in den Trentiner Dialekten gespielt haben könnte (vgl. Tomaselli & Bidese 2023).

Die Dialekte werden noch häufig verwendet, vor allem in den Tälern. In der Erhebung des des nationalen italienischen Statistikamtes von 2015 geben 30% der Sprecher an, in der Familie vor allem Dialekt zu verwenden, 24,8% Dialekt und Italienisch. Aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert sind nur wenige im Dialekt geschriebene Texte überliefert: Das älteste Dokument sind die Statuti dei Battuti della città di Trento aus dem 14. Jahrhundert. Im 19. und 20. Jahrhundert taucht geschriebener Dialekt vor allem in poetischen Texte und Theaterstücken auf. Das erste Dialektwörterbuch (Roveretanisch-Italienisch) wurde von Giovan Battista Azzolini im Jahr 1856 publiziert.

Literaturhinweis und Datenquelle