Mit dem Begriff Zimbrisch bezeichnet man die germanischen Minderheitensprachen in den Sprachinseln von Lusérn (Luserna) in der Provinz Trient (die heute noch einige hundert Sprecher zählt), Ljetzan (Giazza) im historischen Gebiet der XIII Gemeinden in der Provinz Verona (mit höchstens einigen Dutzend Sprechern) und Robaan (Roana) im historischen Gebiet der VII Gemeinden der Hochebene von Asiago in der Provinz Vicenza (nicht mehr als ein Dutzend Sprecher). Mit dieser Gemeinschaft sind historisch auch die Zimbern des Cansiglio (in den Provinzen Belluno und Treviso) verbunden, wo die alte Mundart in einzelnen Wörtern dokumentiert ist, besonders in Orts- und Flurnamen. Aus dialektologischer Sicht gehört das Zimbrische in seinen verschiedenen Ausprägungen zur Gruppe der südbairischen Dialekte. Die ersten Ansiedlungen in Venetien gehen bereits auf das 11. Jahrhundert zurück. Die Geschichte der zimbrischen Ansiedelungen in Nordostitalien und die sprachlichen Merkmale dieser seit vielen Jahrhunderten in Isolation bestehenden germanischen Varietät haben seit dem 19. Jahrhundert das besondere Interesse der Sprachwissenschaft erregt.
Zimbrisch
In den letzten 20 Jahren wird das Zimbrische besonders im Rahmen von Sprachkontaktstudien untersucht, weil sich hier konservative Merkmalen (zum Beispiel die Syntax der Pronomen und die Syntax der Negation) mit innovativen Merkmalen (zum Beispielen die Reihenfolge Verb-Objekt und die Stellung des flektierten Verbs) in interessanter Weise kombinieren. Nicht immer sind die Entwicklungen im Zimbrischen direkt auf die Wirkung der benachbarten romanischen Dialekte zurückzuführen. Von besonderer Bedeutung ist die lange literarische Überlieferung in zimbrischer Sprache, die von der ersten zimbrischen Übersetzung des Katechismus (1602) bis zum Literaturwettbewerb „Toenle Bintarn“ geführt hat, der 2022 zum elften Mal ausgetragen wurde.
ISO-Code: 639-3 cim
Zur Vertiefung
- Bidese, Ermenegildo (Hrsg.) (2010): Il cimbro negli studi di linguistica. Padua: Unipress.
- Bidese, Ermenegildo (2023). Sprachkontakt, Generativ. Eine Untersuchung kontaktbedingten syntaktischen Wandels im Zimbrischen, Band 582 der Reihe Linguistische Arbeiten, Berlin: De Gruyter.
- Cappelletti, Giuseppe & Bruno Schweizer (2009): Taut∫ Libro per imparare a parlare e a scrivere la parlata di Giazza. Italienische Übersetzung von Ermenegildo Bidese, Andrea Padovan & Alessandra Tomaselli. In Arnaldo Petterlini & Alessandra Tomaselli (Hrsg.): L’eredità cimbra di Monsignor Giuseppe Cappelletti. Verona: Fiorini, 135-189.
- Panieri, Luca (2024): De Zimbrische Zunga von Siban Komaün. Grammatica della lingua cimbra dei Sette Comuni. Robaan: ‚Z Haus dar Zimbrischen Bizzekhot „Agustin Prunnar“.
- Panieri, Luca et al. (2006): Bar lirnen z‘ schraina un zo reda az be biar. Grammatica del cimbro di Luserna. Grammatik der zimbrischen Sprache von Lusérn. Lusérn: Kulturinstitut Lusérn.
- Schweizer, Bruno & Stefan Rabanus (2012): Zimbrischer und fersentalerischer Sprachatlas. Atlante linguistico cimbro e mòcheno. Lusérn: Kulturinstitut Lusérn/Palai en Bersntol: Bersntoler Kulturinstitut.
- Tomaselli, Alessandra (2023). Dal particolare all’universale. Viaggio nella grammatica del cimbro. Verona: QuiEdit.
Andere von den zimbrischen Gemeinschaften erarbeitete Internet-Ressourcen
- Bóartpuuch (Wörterbuch des Zimbrischen der Sieben Gemeinden)
- Mediateca Cimbra (Plattform mit Materialien zur Verbreitung des Zimbrischen)
- Zimbarbort (Wörterbuch Zimbrisch-Italienisch, Lusérn)
- CLAM 2021 (Cimbro Ladino Mocheno 2021: Untersuchung zum Gebrauch und zu den Einstellungen zu den Minderheitensprachen unter den Bewohnern der Gemeinden der Sprachminderheiten in den Provinzen Trient, Bozen und Belluno)
Webseiten der zimbrischen Gemeinschaften
- Kulturinstitut Lusérn
- ‚Z Haus dar Zimbrischen Bizzekhot „Agustin Prunnar“ (Zimbrisches Kulturinstitut Roana)
- Centro di Cultura Cimbra – Museo dei Cimbri Ljetzan-Giazza (Zimbrisches Kulturinstitut Giazza)
- Cimbri del Cansiglio (Kulturinstitut der Zimbern des Cansiglio)