Friulanisch

Friulanisch (auch Friaulisch oder Furlanisch) wird in der historischen Kulturlandschaft Friaul an der Grenze zu Österreich (im Norden), Slowenien (im Osten) und Venetien (im Westen) gesprochen. Es hat sich um das Jahr 1000 aus dem in der Gegend um Aquileia gesprochenen Vulgärlatein entwickelt und bewahrt z.B. im Plural den Auslaut auf –s, vgl. z. B. cjan (Sg.) ‚Hund‘ vs. cjans (Pl.) ‚Hunde‘ (Italienisch: cane vs. cani) sowie Konsonantenverbindungen wie cl, gl, bl, pl, fl; siehe beispielsweise clâf  ‚Schlüssel‘ (Latein: clavem; Italienisch: chiave). Innerhalb der Sprache lassen sich drei große Gruppen unterscheiden: westliches Friulanisch (friulano occidentale), zentral-östliches Friulanisch (friulano centro-orientale), und im Norden, in Karnien, karnisches Friulanisch.  

In der Grenzregion Friaul sind die Sprecherinnen und Sprecher kontinuierlich mit anderen Sprachen und Varietäten in Berührung gekommen. Auf dem Gebiet der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien sind neben Friulanisch weitere historische Minderheitensprachen anzutreffen, etwa deutsche Varietäten in Sprachinseln wie z.B. Zahre/Sauris oder Pladen/Sappada, die auf eine mittelalterliche Mundart des Südbairischen zurückgehen, sowie slowenische Varietäten in den Provinzen Triest, Görz und Udine.

Das Friulanische wurde durch das italienische Staatsgesetz Nr. 482 aus dem Jahr 1999, die Regionalgesetze Nr. 15 aus dem Jahr 1996 sowie Nr. 29 aus dem Jahr 2007 durch die Region Friaul-Julisch Venetien und durch das Regionalgesetz Nr. 30 aus dem Jahr 2021 durch die Region Venetien offiziell als Minderheitensprache anerkannt.

Seit 2005 besteht eine Regionalagentur für Friulanisch, die Agjenzie Regjonâl pe lenghe furlane (ARLeF), die die regional anerkannte Amtssprache fördert und Aktivitäten zu ihrem Schutz koordiniert. ARLeF ist der Referenzpunkt für die Wortschatzstandardisierung und die Sprachzertifizierung und stellt dabei auch digitale Tools für das Schreiben auf Friulanisch zur Verfügung. Laut einer von der ARLeF gemeinsam mit dem Istituto di Ricerche Economiche e Sociali del Friuli-Venezia Giulia (Forschungsinstitut für Wirtschaft und Soziales der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien) im Jahr 2023 durchgeführten Studie gibt es ca. 450.000 Sprecher und Sprecherinnen des Friulanischen im friulanischsprachigen Teil von Friaul-Julisch Venetien und von Venetien (180 Gemeinden). Außerdem sind viele Sprecherinnen und Sprechen ausgewandert und leben nun vor allem in Australien, Nord- und Südamerika oder in Südafrika.

Das Friulanische hat auch eine lange Tradition als Schriftsprache. Die ältesten literarischen Texte stammen aus dem 14. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert schuf der Dichter Ermes di Colloredo (1622-1692) einen Standard, der auf dem zentral-östlichen Friulanisch (friulano centro-orientale), das hauptsächlich in der Umgebung der Stadt Udine gesprochen wird, aufbaut und in der Folgezeit von vielen Schriftstellern als Literatursprache verwendet wurde. Mit dem Regionalgesetz Nr. 15 aus dem Jahr 1996 hat die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien eine offizielle Orthographienorm bestimmt, die seitdem in Behörden, Schulen und Medien gilt.

ISO-Code 639-2: fur 

Zur Vertiefung

  • Turello, Davide (2007): Sprachplanung des Friaulischen: eine Untersuchung der Standardisierungsprozesse. Bamberg: Otto-Friedrich-Universität.
  • Benincà, Paola & Laura Vanelli (2016): Friulian. In Adam Ledgeway & Martin Maiden (Hrsg.): The Oxford Guide to the Romance Languages, Oxford: University Press, S. 139-153. 
  • Frau, Giovanni (1984): I dialetti del Friuli. Udine: Società Filologica Friulano. 
  • Heinemann, Sabine & Luca Melchior (Hrsg.) (2015): Manuale di linguistica friulana (=Manuals of Romance Linguistics 3). Berlin: de Gruyter. 
  • Marcato, Carla (2001): Friuli Venezia Giulia (=Alberto A. Sobrero [Hrsg.]: Profili linguistici delle regioni). Bari: Laterza. 
  • Rizzolatti, Piera (1981): Elementi di linguistica friulana. Udine: Società Filologica Friulano. 

Andere Internet-Ressourcen